Archiv der Kategorie: Textfetzen und -versuche

tal der tränen

Tief unten im Tal,

wo meine Tränen einen reißenden Fluß bilden,

sitze ich am Ufer und betrachte mein

Spiegelbild an der Wasseroberfläche.

 

Das bin ich nicht,

das graue, mit Augenringen behaftete etwas,

das mir in die Augen sieht.

 

Tief unten im Tal,

wo deine Tränen einen reißenden Fluß bilden,

sitze ich bei dir am Ufer und

sehe dir in deine Augen.

 

Du siehst dich in meinen Augen,

du siehst wie ich dich sehe,

und beginnst dich wieder zu lieben.

schritte

Wie geht Leben?

 

Mit einem Schritt.

So, wie die tausenden Schritte davor.

 

Obwohl er zuerst mutiger erscheint,

mächtiger,

fast nicht machbar,

ist es nur ein Schritt.

 

Und dann läufst du auf eine Kreuzung zu,

blind wie immer,

die Augen überall anders,

nur nicht auf dem Weg.

 

Machst diesen einen Schritt

und findest dich

im Schnittpunkt

wieder.

 

Unsicher, was da ist.

Unsicher, wohin die Reise geht.

Aber alles läuft auf diesen einen

übermächtigen Schritt zusammen.

 

Setzt ihn vorsichtig.

Hast Angst davor.

Hebst den Fuß,

beugst dich nach vorn,

zögerst,

willst wieder zurück,

und setzt ihn.

 

Aus dem Schnittpunkt wird

ein Schritt.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Es geht vorwärts.

nachts II

nachts, wenn es draußen ruhig und dunkel wird,

wird es drinnen laut und hell.

 

“WIR SIND WIEDER DA!”

 

längst verdrängte geschöpfe drängen in mein bewußtsein.

schreiend, lärmend und kraftvoll.

 

“DU KANNST DAS NIE!”

“DAS WIRD NIE WAS!”

 

und es wird kalt. und es wird herbst.

und es wird nebelig. und es ist da.

 

dunkel und mächtig schiebt sich der dämonenboss über das gemüt

und nistet sich fett mit einem schlürfend-schmatzenden geräusch ein.

 

an die wand gedrängt wimmert die zuversicht vor sich hin.

irgendwo am boden zerquetscht liegt der optimismus.

 

die unruhe macht sich breit und bringt das grummeln im magen gleich mit.

das schlechte gewissen sagt laut “HALLO” und fängt an zu reden.

 

ich konzentrier mich.

bring dein bild hinter meine geschlossenen lieder.

versuch ganz nah bei dir zu sein.

ich schreib dir einen brief,

rede zum unzähligen mal mit dir in gedanken,

fühl dich über meine haare streicheln,

schmecke deine lippen.

und finde ruhe.

ich bin ich, du bist du

Da gibt es diese undurchdringliche Grenze am Ende deiner Welt.

Drinnen ist es voller Gedanken,

Sehnsüchte,

Ängste,

Dämonen,

Liebe,

Aufregung,

Sinneseindrücken.

 

Und draussen ist es oft ruhig.

Da gibt es was zu sehen,

zu hören,

manchmal ist es kalt,

oft einfach nur langweilig.

 

Diese Grenze trennt uns.

Ständig laufen die Gedanken in deinem Hirn.

Ständig redest du mit dir selber,

kontrollierst dich,

gibst dir Befehle.

 

Dann siehst du mich.

Und ich bin nicht voller Lärm.

Ich hab einen Kopf, zwei Hände und den restlichen Körper.

Aber ich bin meistens still, während du mit dir selber sprichst.

 

Dann berühren wir uns.

Und für einen kurzen Moment existiert diese Grenze nicht.

Wir stellen unsere Haare auf,

unsere Hormone sagen Hallo und hüpfen hin-und-her,

die Schleuse öffnet sich und

wir sind eins.

 

Einen kurzen Moment der Vereinigung.

 

Dann bist du wieder du,

und ich wieder ich.

innereien

Menschen.

Wenn ich ein Foto von jemanden sehe, weiß ich nicht wer er ist.

Wenn ich den Menschen vor mir habe, sehe ich ihn.

Nein, ich spüre ihn.

Nein, ich erfahre ihn.

 

Die einen sind kaum ein Schatten,

lieblos und leer.

Das sind die Grauen.

 

Dann gibt es die Vampire,

die im inneren ein schwarzes Loch haben,

in das sie die Umwelt aufsaugen.

Vorzugsweise Energie. Und Aufmerksamkeit.

 

Die Schönen.

Das sind die Ichzentrierten, die sich von den Grauen nur durch ein Geschwülst innen unterscheiden.

Das sagt immer “ich, ich, ich”.

Oder auch liebevoll die Ichinger genannt.

 

Die Silberrücken.

Die Handwerker und den Menschen.

Sie sagen wo’s langgeht.

Innen drinnen wohnt eine Maschine.

Oft dampfbetrieben, machmal mit Zahnrädern.

Meist ölverschmiert.

Bei denen kann ich oft die Sollbruchstelle ausmachen.

 

Und dann gibt es die Wertvollen.

Die wärmenden.

Mit Steinen. Meist schwach schimmernd.

Oft von den Ichingern oder den Vampiren umgeben.

(Dich Ichinger hoffen, dass etwas von der Schönheit auf sie abfällt,

die Vampire haben ihren Saugrüssel in die Wertvollen gesteckt,

weil sie die Steine stehlen.)

 

Und viele dieser Steine sind noch ungehoben, unentdeckt.

 

In seltenen Fällen gibt es die Wertvollen mit geschliffenen Steinen.

Und in ganz seltenen Fällen wissen die Wertvollen um ihren wert.

 

Noch gesehen:

Die Sehenden.

Die Schreier.

Die Kontrollöre.

Die Richter.

Die Henker.

etwas

Du hast etwas,

etwas, womit du geboren wurdest,

etwas, das ich will.

 

Du weißt nicht,

wieviele Minen ich gegraben habe,

wieviel Erde ich bewegt habe

um die ungeschliffenen Steine zu finden,

die du in Dir trägst.

 

Schließe deine Augen und hör zu:

ich finde die Steine in Dir,

unberührt seitdem sie gemacht wurden.

träge

wohin geht meine kraft,

woher kommen die zweifel,

an einem tag der mich eigentlich mag?

und den ich trotzdem nicht schaff?

 

ich bin wieder träge,

und merke,

ich geh anderer leute wege.

 

ich werfe den ersten stein

direkt vor mir ins wasser

doch nichts passiert.

 

und ich denk daran

wie stark ich sein kann.

und ich kämpf um mein herz,

und ich schaff mir meine wege.

 

dann sag ich zu mir:

du bist nicht der einzige,

bei dem irgendwas nicht stimmt.